Sauberer Sonnenstrom aus der Wüste statt gefährlicher Atomkraft und dreckiger Kohlekraftwerke?
Kein weltfremder Traum, sondern schon heute machbar, wie eine neue Greenpeace-Studie zeigt: Künftig könnten solarthermische Kraftwerke bis zu einem Viertel des weltweiten Strombedarfs umweltfreundlich, preiswert und zuverlässig decken. Die erforderliche Technik ist vorhanden. Was noch fehlt: ein deutliches politisches Signal der Bundesregierung.
Lange Zeit galt sauberer Sonnenstrom aus der Wüste als technisch nicht realisierbar. Doch inzwischen sind die notwendigen Kraftwerke, Speicherkapazitäten und vor allem die Übertragungsnetze technisch ausgereift und erprobt. "Die Nutzung des Energiepotenzials der Sonne ist eine der klügsten Antworten auf die globalen Umwelt- und Wirtschaftsprobleme dieser Zeit", erklärt Andree Böhling, Energieexperte von Greenpeace. Nur zwei Prozent der Sahara reichen aus, um die ganze Welt mit Strom aus Solarkraftwerken zu versorgen - sauber, sicher und ohne Folgekosten.
Die Greenpeace-Studie Globaler Ausblick auf die Entwicklung solarthermischer Kraftwerke 2009 zeigt, dass das Energiepotenzial gigantisch ist: Bis 2050 könnten Solarkraftwerke mit einer Gesamtkapazität von 1.500 Gigawatt gebaut werden. Sie könnten jährlich 7.800 Terrawattstunden sauberen Strom erzeugen - das ist drei Mal so viel Strom, wie zurzeit alle Atomkraftwerke der Welt gemeinsam produzieren! Da die solarthermischen Kraftwerke vor allem Kohlekraftwerke ersetzen würden, könnte die jährliche Einsparung von Kohlendioxid bis zum Jahr 2050 auf 4,7 Milliarden Tonnen ansteigen. Das ist sechsmal mehr, als Deutschland im Jahr 2008 ausgestoßen hat.
Nicht nur die Umwelt, auch die Weltwirtschaft würde durch den Konjunkturmotor Solarstrom profitieren: 15 Milliarden Euro könnten pro Jahr an zusätzlichen Investitionen ausgelöst und damit bis 2050 über zwei Millionen neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Bereits 2020 könnte die Zahl neu geschaffener Arbeitsplätze auf mehr als 200.000 steigen. Solarthermische Kraftwerke können nach der Windkraft und der Photovoltaik zum dritten globalen Exportschlager der Erneuerbaren Energien werden, prophezeit Böhling.
Solarthermische Kraftwerke sind weit günstiger als Atom- und Kohlekraftwerke: Sie brauchen nur für wenige Jahre eine Anschubfinanzierung und produzieren keine Folgekosten für Atommüll oder CO2-Emissionen. Deutschland könnte vom Wüstenstrom in doppelter Weise profitieren: als Importeur sauberen Stroms und als Exporteur für die Technik. Deutsche Anlagenbauer sind bereits weltweit führend. "Frau Merkel muss das Thema Wüstenstrom endlich aus der Forschungsecke herausholen und auf die internationale Agenda der Klimakonferenzen und des nächsten G8-Gipfels setzen", fordert Böhling.
Solarthermische Kraftwerke können nicht nur in Afrika, sondern auch in der Wüste Gobi, im Westen der USA, in Mexiko, Indien oder Australien errichtet werden. Ihre Nutzung muss durch gleichberechtigte, internationale Kooperationen verwirklicht werden. Dabei muss die Technologie zunächst den Menschen in der jeweiligen Region zur Verbesserung ihrer Energie- und Wasserversorgung zu Gute kommen. Die Überschüsse könnten dann in den industriellen Ballungszentren der Welt genutzt werden.
Beispielsweise wäre es möglich, Strom aus der Sahara über 3.000 Kilometer durch hocheffiziente Stromnetze bis nach Deutschland zu transportieren. Laut Studie könnte so etwa 15 Prozent des deutschen Bedarfs und fast ein Viertel der europäischen Stromversorgung gedeckt werden.
Dazu bedarf es der politischen Förderung: "Die Bundesregierung muss jetzt den Stromimport aus den Wüsten gesetzlich fördern. Gemeinschaftlich mit anderen Regierungen muss sie Konzepte für den Bau von Solarkraftwerken in Wüsten und erforderliche Stromverbundnetze entwickeln", erläutert Böhling die notwendigen Maßnahmen.
Deutschland und Europa sollten zudem mit den Staaten der MENA-Region, also Nahost und Nordafrika, gemeinsam eine Roadmap für den Bau von Wüstenkraftwerken und dem erforderlichen Stromverbundnetz erarbeiten. Und der Forschungsetat für solarthermische Kraftwerke sollte von derzeit acht Millionen Euro jährlich an das Niveau der Kernfusionsforschung von über 130 Millionen Euro angepasst werden.
Quelle: Greenpeace