28.07.2006 Ökostrom aus der Sahara für deutsche Steckdosen

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Windräder in Afrika sollen künftig Strom für Europa liefern.

Fernleitungen sollen große Mengen Elektrizität aus dem Sonnengürtel am Mittelmeer zusätzlich zu den heimischen Quellen verfügbar machen. Dieses Konzept eines „trans-mediterranen Stromverbundes“ ist jetzt erstmals in einer aufwendigen internationalen Studie auf Machbarkeit untersucht worden – mit positivem Ergebnis. Das Projekt: In Ländern wie Marokko, Ägypten oder Saudi- Arabien werden große Solarkraftwerke und Windparks mit mehreren hundert Megawatt Leistung gebaut. Sie arbeiten dort viel wirtschaftlicher als in Mitteleuropa, weil die Sonne intensiver scheint und die Windstandorte am Toten Meer und an der Atlantikküste zu den besten der Welt zählen. Der Strom würde in der Region verteilt, etwa um nordafrikanische Küstenstädte zu versorgen, aber auch nach Europa transportiert und ins Verbundnetz eingespeist. Die Wissenschaftler, unter anderem vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und vom jordanischen Nationalen Energieforschungszentrum, räumen dem Projekt gute Chancen ein zumal die Versorgung in ihrem nachhaltigen Energiekonzept für Europa ab 2020 preiswerter wäre, als wenn man sich weiterhin primär auf Kohle- und Atomkraftwerke stützt. „Wichtig wäre es aber, dass  die politischen und technischen Voraussetzungen dafür bald geschaffen werden“, sagte DLR-Forscher Franz Trieb der FR.

 

Hochspannungs-Gleichstrom-Leitungen laufen, deren Verluste niedriger sind. Auf einer 3000 Kilometerstrecke – etwa zwischen Tripolis und Helsinki gingen nur zehn bis 15 Prozent des Stroms verloren. Der Anschluss an das  EU-Netz bietet sich in Sizilien und Gibraltar an. Zwischen Marokko und Gibraltar besteht eine Verbindung, die aber stark erweitert werden müsste. Die Kilowattstunde Ökostrom soll trotz Ferntransport nur rund fünf Cent kosten, weniger als bei neuen Kohle- oder Gaskraftwerken. Der „Sahara-Strom“ wäre laut der Studie Teil eines zukünftigen europaweiten Verbundnetzes von Öko-Kraftwerken. Neben Wind- und Solarparks würde es auch Wasser-, Biomasse- und geothermische Kraftwerke zwischen Norwegen und Ägypten miteinander verkoppeln. Es könnte 2050 rund 80 Prozent des Stromverbrauchs decken. Fossile Energien wären nur noch in geringem Umfang nötig: Erdgas-Kraftwerke würden Spitzenlasten im Netz abfangen. Positive Folge für das Klima: Der CO²- Ausstoß im Stromsektor würde auf 25 Prozent des Wertes von 2000 sinken. Trieb verweist besonders auf den ökonomischen Nutzen, den Nordafrika und Nahost hätten: „Der Ökostrom würde die Entwicklungschancen verbessern und wäre ein gefragtes Exportprodukt.“ Die Studie ist vom Bundesumweltministerium finanziert worden. Dort sieht man sich bestätigt: „Klimafreundliche Versorgung ist ohne Atomkraft möglich.“ Der Ministeriumsbeirat WBGU hat der EU vorgeschlagen, mit Nordafrika-Staaten eine Vereinbarung für die Stromabnahme zu Garantiepreisen abzuschließen. Inzwischen haben auch Energiekonzerne aus Spanien und Algerien Interesse am Projekt gezeigt.

 

Quelle: Frankfurter Rundschau